Wie uns unsere Tiere bei der Personalauswahl helfen – oder, ein Drogenfahnder gibt sich zu erkennen…

Es ist nicht immer ganz einfach, für unseren Betrieb die geeigneten Leute zu finden. Viele Bewer- ber/innen stellen sich vor, wie schön es doch sei, mit „Tierli“ zusammen zu sein, sie zu putzen und zu hätscheln. Ja, das ist der schönste Teil dieses Jobs, aber nur ein recht kleiner: der Rest ist strenge Arbeit und alltäglicher Trott: Boxen misten, Futtersäcke, Strohtaschen und Heunetze füllen und schleppen; die Weiden säubern, den Mist stocken, und immer wieder: wischen, wischen, wischen! Hinzu kommt, dass die Tiere oft schon viel Übles in ihrem Leben erfahren haben und es sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen von Seiten der Betreuer braucht. Wenn im Betrieb alles rund läuft, stellt dies kein Problem dar. Wenn es aber zwischendurch hektisch wird, braucht es Selbstdisziplin, die nötige Ruhe aufzubringen und den Tieren die Zeit zu geben, die sie brauchen – sonst ist viel Vertrauen, das man über lange Zeit aufgebaut hat, rasch wieder verloren. Ebenso brauchen die Tiere eine konsequente, liebevolle Führung; jedes Tier sucht, seiner Natur gemäss, seine Grenzen. Werden ihm diese nicht gesteckt, übernimmt das Tier dem Menschen gegenüber die Rolle des Alpha-Tieres, also des Anführers; und diese Position verteidigt es dann! Wie gehen wir also nun bei der Personalsuche vor? Natürlich beginnt es mit dem Prüfen der schriftlichen Bewerbung und einem ersten Telefongespräch. Fällt beides positiv aus, wird ein Vorstellungstermin vereinbart. Bei dieser persönlichen Begegnung zeige ich der Bewerberin oder dem Bewerber die Stallungen und richte es dabei so ein, dass die Tiere nicht auf der Weide sind. So kann ich bei diesem Rundgang einiges beobachten: Wie geht die Person auf die Tiere zu? Und vor allem: Wie reagieren die Tiere auf sie? Am aussagekräftigsten ist das Verhalten von Cheyenne, Irisch, Laura und Artax. Cheyenne reagiert sehr stark (negativ) auf brüske Bewegungen, zu schnelle Kontaktnahme oder eine laute Stimme. Irish spürt jede noch so leichte (oder überspielte) Unsicherheit oder Ängstlichkeit von Seiten eines „Neuen“ und kann sich dabei gelegentlich im Vorbeigehen einen Jackenzipfel schnappen – was ihn sogleich in Hochstimmung versetzt: seine ganze Mimik drückt dann aus: „Sieg“! Laura, die von Natur aus recht neugierig ist, kann, wenn jemand ihr nicht genehm ist, demonstrativ dem Besucher ihr „Ehrenwertestes“ zuwenden, um zu signalisieren: „lass mich nur ja in Ruhe!“. Der beste Gradmesser all unserer SAMANA WASI-Tiere ist jedoch unser Grautier Artax. Ist der Bewerber genehm, stellt er die Ohren so weit nach vorn, dass sofort klar wird: „Ich will gestreichelt werden!“. Das lässt er sich dann genüsslich gefallen. Bekommt er keine Streicheleinheit, so wendet er sich indigniert ab mit einem Ausdruck von „Jetzt hast du gehabt – jetzt kannst du dann lange warten und bitten!“. Passt ihm eine Person nicht, geht er sofort auf Distanz. Wird diese Geste missachtet, kann er sich blitzartig umdrehen und rabiat ausschlagen, oder – im Extremfall – bösartig grunzend mit gefletschten Zähnen auf den „Eindringling“ losgehen. Artax hat sich kürzlich auch als „Drogenfahnder“ entpuppt – was für uns alle völlig überraschend war. Wir hatten, zur Überbrückung einer Ferienabwesenheit, eine uns von früher bekannte Person als Aushilfe engagiert. Die meisten unserer Tiere hatten mit ihr keine Probleme. Artax jedoch geriet völlig ausser sich, wenn diese Person nur in die Nähe kam, auch wenn sie noch ausserhalb seines Territoriums nur vorbeigehen wollte. Er schlug aus, grunzte und schnappte, dass man es kaum für möglich hielt. Zu uns anderen blieb er zugänglich und ruhig. Als aber eine Betreuerin mit der Jacke der besagten Person auf dem Arm an Artax vorbei wollte, schnappte er blitzartig zu. Wir waren alle ganz entgeistert – was hatte denn diese Person an sich, dass Artax so ausser sich geriet? Das Rätsel löste sich, als diese eines Tages ins Büro gerufen wurde. Im geschlossenen Raum entströmte ihrer Jacke ein eigentümlicher Geruch, den unsere gute Sekretärin als ein Rauschmittel identifizierte. Das war es also – danke, Artax! Wir waren alle froh, dass der Arbeitseinsatz dieser Person nur temporär vereinbart war… und von nun an handhaben wir Neuanstellungen wirklich so, dass wir unsere Tiere dabei "mitreden" lassen! RM