Jamie und Julie

Im Frühling 2015 hatten wir die vom Veterinäramt Aarau konfiszierte Stute Mascha in unsere Stiftung aufge­nommen und nach Valendas gebracht (siehe Geschichte Mascha). Diesen Frühling kam erneut eine Anfrage, diesmal vom Veterinäramt Bern: Es wurde ein Platz für 2 Stuten gesucht. Herr und Frau Brunner erklärten sich bereit, die beiden Pferdedamen aufzunehmen. Diesmal waren die Formalitäten rasch erledigt, und so konnten wir das bewährte „Pferdetaxi“ wieder kurzfristig für den Transport engagie­ren. Wie schon bei der Aufnahme von Mascha, war Ruth Maurer zu dieser Zeit gerade für ein paar Tage im Bündnerland und konnte also bei der Ankunft von Jamie und Julie dabei sein.

Da die beiden vorgängig schon für eine kurze Zeit an einem Übergangsplatz waren und dort die nötige Erstversorgung durch liebe Betreuer, Tierarzt und Hufpfleger erhalten hatten, sah man ihnen die lange Verwahrlosung nicht sofort an; besonders Jamie, die Kleinere schien die Strapazen einigermassen überwunden zu haben. Julie war aber sehr mitgenommen. Die vielen Platz- und Ortswechsel hatten ihr wohl sehr zu schaffen ge­macht. Auch körperlich war sie nicht in gutem Zustand – sie war sehr mager und er­schöpft. Auch ihr Blick war traurig, und sie wirkte apathisch.

Brunners hatten den Pferden eine große Boxe eingerichtet, wo sich Jamie und Julie zu­erst einmal ausruhen, erholen und einleben konnten, mit Blick auf ihre neuen „Gespie­linnen“. Julie legte sich sofort ins grosse Strohbett: das war ein gutes Zeichen, dass sie den neuen Menschen und der Umgebung bereits vertraute.

Die ersten Integrationsversuche von Jamie und Julie in die bestehende Herde schlugen zuerst einmal fehl: Jamie war völlig „überdreht“ und aggressiv und Julie wollte sofort wieder in ihre Boxe zurück. Es war also noch zu früh – je mehr Negatives Pferde erle­ben, desto länger brauchen sie, um sich in neue Situationen einzufügen. Also geben Brunners den beiden Stuten die nötige Zeit dafür. Nach einigen weiteren Versuchen zur Integration in die Herde wurde gemeinsam beschlossen, dass die beiden Stuten vorläu­fig weiterhin nachts in ihrer Boxe bleiben und tagsüber auf dem ihnen eigenen Auslauf mit Sichtkontakt zu den anderen Tieren. Julie nimmt nun endlich langsam zu: sie frisst enorme Mengen Heu und Futter und geniesst das sichtlich! Jamie hingegen ist ge­wichtsmässig schon am oberen Limit; es ist wie bei den Menschen, sie sind entweder gute oder eben wie Julie schlechte Futterverwerter. Dass Julie so langsam zunimmt könnte auch auf Zahnprobleme zurückzuführen sein. Ende April kam dann der Pferde­zahnarzt auf den Hof und in Julies Maul sah es gar nicht so schlimm aus. Die schlimmsten Spitzzähne wurden bei dieser Gelegenheit soweit nötig saniert.

Corina und Andi Brunner kümmern sich liebevoll um die Neuankömm­linge. Auch ihr grösserer Bub, Simon, ist stolz und freut sich, wenn er Julie herumführen darf, und die Zuneigung ist gegensei­tig! Es ist für alle Betei­ligten immer eine grosse Freude, ver­nachlässigten Tieren ein fried­volles und behütetes Altersleben zu ermögli­chen.

Ruth Maurer, Mai 2016