Besuch auf der Alp

Der erste Besuch auf der Alp, vor einigen Jahren bereits, war nicht nur ins Wasser, sondern buchstäblich in den Schnee gefallen. Bei Nebel und Graupelschauern waren Corina Brunner, Ruth Maurer und die Mitarbeiterin Marlene Carrel damals zu den Tieren aufgestiegen, die glücklicherweise noch nicht auf der höchsten Alp weideten. Nach einem kurzen Überblick, ob alle Pferde wohlauf und vollzählig waren, gab es ein Picknick mit Sandwiches, Birchermüesli und – wie herrlich! – heissem Tee. Ziemlich durchfroren stiegen wir danach raschmöglichst ins Tal ab.

In den folgenden Sommern war ein erneuter Alpausflug nicht möglich: entweder klappte es terminlich und mit dem Wetter nicht oder Ruth war im SAMANA WASI in Rüti nicht abkömmlich; danach verhinderten bei Ruth Knieprobleme und eine nachfolgende Operation den Aufstieg.

Im Sommer 2013 war der Besuch fix geplant. Ruth legte das definitive Datum erst fest, als das Wetter für einige Tage super stabil angesagt war. Am 12. August 2013 fuhr Ruth nach Valendas und besuchte dort am nächsten Tag zuerst die Tiere. Die sechs stiftungseigenen Ponies waren wie immer putzmunter, auch der kleine Spirit of Hope trabte trotz seiner Beinfehlstellung von Geburt an, fröhlich mit seiner Herde mit. Andi Brunner war mit dem Neubau eines grösseren Ponystalles vollauf beschäftigt, er ist ein begnadeter Handwerker und self-made-man. Der kleine Sohn Simon „assistierte“ seinem bewunderten Papa begeistert.

Ruth nahm sich nun auch die beiden Stuten, Cheyenne und Kiwi, zum Putzen vor. Wie üblich, liessen sich die beiden zuerst eine Weile bitten, bevor Corina sie anhalftern konnte. Danach jedoch genossen sie es sichtlich, gründlich gestriegelt und gebürstet zu werden. Am 14. August war es soweit: Ruth und Corina trafen sich um 9 Uhr in Ilanz, von wo aus sie gemeinsam mit Corinas Geländewagen ins Val Lumnezia fuhren. Von dort zweigt ein holpriger Fahrweg (der nur mit einer Spezialbewilligung befahren werden darf) in Richtung der Alp Cavel ab. Es war ein wolkenloser Sommertag! Langsam wurden die Bäume spärlicher, die Vegetation karger; man näherte sich der dritten Alphütte und damit der Baumgrenze. Dort parkte Corina den Wagen, die Rucksäcke wurden geschultert und Ruth und Corina begannen gemächlich den zuerst recht steilen Aufstieg. Nachdem die Höhe fast erreicht war, ging es das letzte Wegstück nur noch etwas in eine Hochebene hinein – und da weideten die Pferde! Einige in losen Grüppchen, andere allein oder zu zweit, und als sie Menschen kommen sahen, näherten sie sich neugierig. Mars, das einzige Pferd der Stiftung auf der Alp, kam wie immer zu Corina und Ruth und liess sich flattieren. In diesem Sommer verbringen 22 Pferde die Monate Juni bis September auf der Alp. Alle sahen sehr gut aus, es hatte genügend Gras und Disteln (welche den Tieren sehr gut schmecken!) zum Fressen, und überall rinnen Bächlein durch die Weiden. Corina zählte wieder alle Pferde nach und schaute, ob bei allen die Hufe in Ordnung waren. Diese Kontrolle übernimmt der Alphirt täglich und meldet Brunners sofort, wenn es irgendein Problem gibt. Er ist ein langjähriger, sorgfältiger Hirt mit viel Erfahrung.

Nachdem alle Tiere ausgiebig begrüsst und fotografiert waren, setzten sich die Zweibeiner etwas von den Vierbeinern ab, um in Ruhe (die Pferde können recht aufsässig werden, wenn ein Rucksack geöffnet wird!) das von Corina mitgebrachte, feine Picknick zu geniessen. Was für ein herrliches Bergpanaroma bot sich hier! Hügel, Berge, Felsen, das Himmelsblau, Weite und Stille – es war überwältigend. Dazu der kameradschaftliche Erfahrungsaustausch der beiden Frauen, und zwar bei einem Becher heissen Milchkaffee, den Corina von zu Hause aus mitgetragen hatte! Der war natürlich das Tüpfelchen auf dem i.

Viel zu schnell verflog die Zeit; aber im Tal wartete Andi mit Söhnchen Simon und den daheimgebliebenen Pferden auf Corinas Heimkehr und Mitarbeit. Bald war der Abstieg geschafft und Corina brachte Ruth wieder mit sicherer Fahrt nach Ilanz zurück, wo man sich glücklich und dankbar für den wunderschönen Tag verabschiedete. Es wird hoffentlich nicht der letzte Alptag gewesen sein.

Danke, Corina und Andi, ich komme wieder!

Ruth Maurer, August 2013